Generation Corona: Die Beschleunigung der Entschleunigung

Es war eigentlich schon längst überfällig, dass wir die Welt für ein paar Wochen abschalten. Wir sprachen seit Jahren von der immer beschleunigteren, komplexer und überfordernder werdenden Welt.

Kommunikation zwischen Menschen war schwer, auf den sozialen Medien türmten sich Selbstinszenierungen vom perfekten Leben, Fake News und Filterblasen. Der politische Diskurs lief eigentlich gar nicht mehr, echte Dialoge waren out, wirklich diskutiert wurde da schon lange nicht mehr. Nicht mal eine produktive Debatte zu einer der größten Bedrohungen der Welt, dem Klimawandel konnten wir objektiv und sinnvoll bewerkstelligen.

Trends wie Digital Detox, Minimalismus, Achtsamkeit, Arbeitsflexibilisierung fingen vor der Krise zwar an, langsam an Momentum zu gewinnen, aber die Kultur des Überkonsums und des Nächstenhasses war die dominierende. Die Coronakrise ist der Beschleuniger dieser Entschleunigungstrends, den wir so dringend brauchten, auch wenn es nicht ganz freiwillig ist. Die gemeinsame soziale Isolation hilft uns ein paar unserer Verhaltensmuster der Überdigitalisierung zu überdenken – vor allem wir aus den “jüngeren” Generationen.

Wir werden wieder lernen, wie man echte zwischenmenschliche Beziehungen zu seinen Nächsten durch digitale Medien pflegt – Reminder – das war der eigentliche Sinn der ganzen Konnektivitätstechnologie. Wer jetzt noch versucht auf Instagram & Co. das perfekte Leben zu inszenieren, ist wirklich erbärmlich und das wissen wir alle. Telekommunikation muss jetzt als echter sozialer Ersatz funktionieren, auch daraus können wir lernen: früher haben wir die Oma doch nur angerufen um sie dann nicht treffen zu müssen oder? Jetzt wo wir unsere geliebten (aber vielleicht nicht oft Besuchten) nicht mehr anders erreichen können, wird sich durch die Krise ein anderer Umgang ergeben. 

Nach mehreren Wochen des Zwangs-Onlineseins in Quarantäne werden wir auch wiedererkennen, wie schön es ist, sein Handy nicht als einzige Verbindung mit der Welt zu haben. Wir werden es REALDIGITAL nutzen, die Krise wird ausloten, wofür es wirklich Sinn macht. Jetzt wäre es doch so schön, sich über WhatsApp zu koordinieren um sich dann im Park, einem Café oder einer Bar zu treffen – und das Gerät dann in der Jackentasche zu lassen. Wer nach der Coronaisolation beim Essen im Restaurant noch immer an seinem Handy hängt, dem empfehle ich sich doch bitte etwas länger in Quarantäne zu begeben.